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Wenn der Richtige kommt

photo by Monika Forster

By Eleonore Büning, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Renée Fleming erhellt die Bühnenrumpelkammer

Albert Dohmen in der Rolle des dekadenten Grafen Waldner, der seine Töchter an den Meistbietenden verschachert, singt an diesem Abend präsent, sonor und punktgenau. Sogar Daniel Behles feinem Tenor wächst, wie es die Partie des werthermäßig wildverliebten Leutnant Matteo verlangt, eine heldenhaft sichere Höhe zu. Und noch viel wunderbarer: die Frauen. Selbst eine kleine Nebenrolle, Jane Henschel als Kartenauflegerin, wird gesungen, wie von einer Göttin: klar, deutlich, sinnlich, süß. Erst recht Renée Fleming, deren goldschimmernder Luxus-Sopran unendliche Modulationsmöglichkeiten kennt, sie hat sich neuerdings auch in der Tiefe eine neue Dimension eröffnet.

Wenn diese Arabella von Leid und Wehtun, Liebe und Heimat singt, versteht man nicht jedes Wort, aber man begreift exakt den Sinn. Daneben, ihr ebenbürtig in Schmelz und Ausdruck, die jugendstrahlende Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller als unglückliche kleine Schwester, die, vom Opfergeist und Neugierde gleichermaßen beseelt, am Ende die eigne Unschuld zu Markte trägt. Gabriela Beňačková ist eine hinreißend verhuschte Gräfin Adelaide, Daniela Fally eine leidlich koloraturklirrende Fiakermilli. Und im Orchesterzwischenspiel, das vom Ball zurückführt ins Boudoir, lässt sich bewundern, wie vital die Staatskapelle Farbe und Leben sprüht unter Thielemann, wie kristallklar und energisch all die differenzierten Nuancen ausgearbeitet sind, im Fluss des polyphonen Parlando.

Die Inszenierung, ersonnen von Florentine Klepper, ist eine einzige angestrengte Verlegenheitslösung. Da fährt ein heruntergekommenes Fin-de-Siècle-Grandhotel an der Rampe vorbei, Zimmer für Zimmer, wie eine Puppenstube. Die Sänger stehen hier und da darin herum, sie gehen durch sieben Türen und kommen nirgendwo an. Dazu kommen dumme Fingerzeige, zumal im Ball-Akt: maskierte Doubles, ein Tanzbär, ein Kentaur, ein abstürzender Lift. Kaum aber tritt Renée Fleming auf, antikisch frisiert wie Pallas Athene; kaum beginnt sie zu singen, umkräuselt vom liebenden Ton der Oboe – schon entsteht eine eigene Aura, und die vollgestellte Bühnenrumpelkammer weitet sich zu einem Lebensraum. Alle Regie-Kinkerlitzchen verblassen. Der hellste, tröstlichste Sopranhimmel tut sich auf, wenn Müller mit Fleming gemeinsam singt, das berühmte Schwestern-Duett, dieser Himmel reicht weit über den Horizont.